Spannen, zielen und ins Gold treffen

Die Kunst des Zielens als Hochschulsport. Fotos: Lukas Schulze

Aus treffpunkt campus Nr. 74, 05/2013

Pfeil und Bogen gehören nur in das Mittelalter, wo Ritter damit Kämpfe gewannen? Oder zurück in die Steinzeit, wo sie als Jagdwaffe dienten? Das ist nicht ganz richtig, denn Pfeil und Bogen werden heute für den Bogensport genutzt und gehören damit auch auf die Liste des Hochschulsports in Magdeburg.

Text: Deborah Schmieg

Der Trainingsplatz auf dem Gelände des Polizeisportvereins an der Berliner Chaussee ist nicht leicht zu finden. Neben unzähligen Stechmücken, tummeln sich Studierende, aber auch ältere und jüngere Vereinsmitglieder auf dem Platz. Es herrschen strenge Regeln, denn die Pfeilspitzen sind scharf. Sollte jemand außerplanmäßig auf das Gelände treten, bestünde Lebensgefahr.

Dirk Dobberkau ist Jurist und Rentenberater und schlüpft seit diesem Jahr mittwochabends in die Rolle des ehrenamtlichen Trainers mit Lizenz, um den zehn studentischen Kursteilnehmenden die Kunst des Bogensports zu vermitteln. „Beim Bogenschießen muss man sich sehr konzentrieren. Es ist eine wunderbare Sache zum Abschalten und Runterkommen. Trotzdem ist das Ziel natürlich auch, sich zu verbessern“, erklärt der 42-jährige Trainer seine Leidenschaft für diese Sportart.

Der Sportkurs wird von der Abteilung Bogensport des Polizeisportvereins Magdeburg (PSV) angeboten. Diese Abteilung hat derzeit 65 Mitglieder mit einer Altersspanne von 9 bis 77 Jahren. „Eines unserer Mitglieder wurde in dieser Saison Landesmeister und unser Verein schießt momentan in der Bogensport Bundesliga auf dem fünften Rang“, erzählt Dirk Dobberkau stolz.

Für die Kursgebühr von 25 Euro werden die Studierenden einmal wöchentlich von 18 bis 19.30 Uhr trainiert und bekommen einen Bogen vom Verein gestellt. Wer hat, darf aber auch sein privates Equipment mitringen. An die fünfzehn Personen können gleichzeitig auf dem Gelände schießen, daher gesellen sich gern auch Vereinsmitglieder zu den Studierenden.

Aus sicherer Entfernung beobachte ich die Schützen. Alle stehen nebeneinander auf der Schießlinie, die Zielscheibe mit der Auflage ist je nach Wunschentfernung aufgestellt. Die weiteste Entfernung sind 90 Meter. Wenn alle Pfeile verschossen sind, ruft jemand den gemeinsamen Schieß-Stopp aus, damit die Pfeile wieder eingesammelt werden können.

Nun bin auch ich an der Reihe. „So schwierig kann es nicht sein“, denke ich mir, „mein kleiner Bruder schießt schließlich auch mit einem Holzbogen.“ Den ersten Bogen, den ich in die ausgestreckte Hand bekomme, lasse ich fast wieder fallen. Mit so einem Gewicht hatte ich nicht gerechnet. Er ist bunt, hat eine moderne Form und wiegt gute drei Kilogramm. Der Trainer lacht und erklärt mir, dass die Bogenlänge und das Zuggewicht der Körpergröße und dem Kör- pergewicht des Schützen angepasst werden müsse.

Der zweite Bogen in meinen Händen fühlt sich besser an und lässt sich auch leicht ansetzen. Der Pfeil wird mit der Steuerfeder zum Schützen zeigend eingelegt, der linke Arm durchgestreckt, der rechte nach hinten gezogen und die Hand an das Kinn gelegt. Mit einem zugekniffenen Auge ziele ich und feuere meinen ersten Schuss ab. Ich bin zufrieden, denn der Pfeil steckt nahe der goldenen Mitte in der Zielscheibe. Was leidet, sind meine Arme. Der Kursteilnehmer Christian Dreischultze aus Oldenburg studiert Systemtechnik und technische Kybernetik an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und ist seit diesem Semester zum Bogenschießen eingeschrieben. „Ich wollte Bogenschießen mal ausprobieren und bin froh, dass ich einen Platz ergattern konnte. Dieser Sport ist nicht zu anstrengend im Vergleich zu anderen Sportarten und dient eher der Entspannung“, erzählt mir der 27-Jährige.

Nach dem Training bin ich mir sicher, dass ich mit diesem Selbstversuch voll „ins Schwarze getroffen“ habe. Diese Redewendung kommt übrigens auch aus dem Bogensport. Denn früher war der Mittelpunkt der Zielscheibe schwarz. Heute jedoch gilt der Anfeuerungsruf: „Alles ins Gold!“

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