Musik als Türöffner zu Erkrankten

Sina Glomb studierte den Diplom-Studiengang Musiktherapie sowie den berufsbegleitenden Master-Studiengang Methoden musiktherapeutischer Forschung und Praxis. Foto: Manuel Glomb

Aus treffpunkt campus Nr. 82, 01/2015

„Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann“, sagte einst der französische Schriftsteller Victor Hugo. Sina Glomb kann diese Aussage gut nachempfinden. Am Universitätsklinikum Magdeburg hilft die Musiktherapeutin Patientinnen und Patienten mit psychischen Erkrankungen.

Interview: Katharina Remiorz

Wie kann man sich Ihre Arbeit vorstellen?
In der Musiktherapie wird Musik eingesetzt, um therapeutische Wirkungen zu erreichen. Wir improvisieren zum Beispiel gemeinsam mit den Patienten auf unterschiedlichsten Musikinstrumenten und reflektieren dann, was dabei erlebt wurde. So können etwa Gefühle oder Beziehungsmuster deutlich werden. Der Beruf ist sehr vielfältig. Sobald man das Arbeitsfeld wechselt, hat man mit anderer Musik und anderen Menschen zu tun, die andere Schwierigkeiten haben.

Wie hat Ihnen das Studium gefallen?
Theorie und Praxis waren sehr gut verzahnt. Im Diplom-Studium hatten wir ein Praxisprojekt, bei dem wir an einer Förderschule Musiktherapiegruppen aufgebaut haben. Durch Praktika konnten wir zudem eigene Schwerpunkte bilden und immer mehr in diese verantwortliche Tätigkeit hineinwachsen. Sehr prägend waren für mich auch die offene Lernatmosphäre und die individuellen Lernprozesse, was für eine therapeutische Ausbildung sehr wertvoll ist. Während des berufsbegleitenden Master- Studiums konnte ich viele neue Anregungen sammeln. Wir waren zehn Studierende mit einer großen Altersspanne, kamen aus verschiedenen Arbeitsfeldern und hatten eine sehr anregende Diskussionskultur. Außerdem war es spannend, sich noch mal mit wissenschaftlichen Theorien auseinanderzusetzen, die ich nutzen konnte, um in Haldensleben eine neue Stelle für die Musiktherapie zu schaffen.

Welche beruflichen Erfahrungen haben Sie bisher sammeln können?
Ich war zunächst vier Jahre lang in Schleswig in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie mit einem großen Einzugsbereich tätig. Dort habe ich vor allem mit Jugendlichen gearbeitet, die wegen Psychosen, Lernbehinderungen, Essstörungen oder Traumafolgestörungen in Behandlung waren. Im AMEOS Klinikum in Haldensleben war die Musiktherapie noch in den Kinderschuhen. Ich war die einzige Musiktherapeutin und habe mit Kindern ab drei Jahren gearbeitet. Zusätzlich habe ich während meines Master-Studiums Konzepte entwickelt, um die Musiktherapie auch in der Erwachsenen- und der Gerontopsychiatrie voranzutreiben. Seit 2012 bin ich im Universitätsklinikum Magdeburg in der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie tätig. Wir arbeiten hier mit erwachsenen Patienten, die an körperlichen Problemen leiden, die psychisch begründet sind. Während meiner Elternzeit habe ich außerdem einen Lehrauftrag an der Hochschule bekommen, was für mich eine schöne Abwechslung war.

Welche Menschen haben Sie während des Studiums inspiriert?
Stark geprägt hat mich Prof. Dr. Susanne Metzner. Sie hat mich immer dazu motiviert, am Ball zu bleiben, und mir Türen geöffnet. Außerdem hat sie die musik-imaginative Schmerzbehandlung, die ich im Master-Studium gelernt habe und heute am Universitätsklinikum Magdeburg anwende, stark weiterentwickelt.

Sie wurden 2014 für Ihre Masterarbeit mit dem Johannes-Th.-Eschen-Preis der Deutschen Musiktherapeutischen Gesellschaft ausgezeichnet. Worum geht es in Ihrer Arbeit?
Jugendliche wollen sich durch ihren Musikgeschmack häufig von Erwachsenen abgrenzen. Ich wollte wissen, was passiert in der therapeutischen Beziehung, wenn Jugendliche ihre eigene Musik mitbringen. Jugendliche lösen ganz viele Entwicklungsaufgaben mithilfe des Musikhörens. Das wird auch in der Literatur bestätigt, in der Musiktherapie aber noch wenig beachtet. In einer von mir moderierten Gruppendiskussion habe ich mit Musiktherapeutinnen Fallbeispiele erhoben, diskutiert und diese ausgewertet. Ich konnte zeigen, dass sich die emotionale Einstellung der Musiktherapeuten verändert, wodurch sich viele therapeutische Möglichkeiten ergeben und man Themen mit den Jugendlichen bearbeiten kann, an die man sonst vielleicht gar nicht herankommt.

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