Immer auch über sich selbst lernen

„In meinem Job hört das Lernen nie auf“, sagt Absolvent Stephan Krüger, der auch nach seinem ersehnten Studienabschluss seiner Alma Mater als externer Lehrender treu geblieben ist. Foto: Matthias Piekacz

Aus treffpunkt campus Nr. 99, 03/2018

Auch ohne ein herkömmliches Abitur ist für Stephan Krüger sein größter Wunsch, Psychologe zu werden, wahr geworden. Der 35-Jährige verließ dafür seine Heimatstadt Essen und studierte von 2008 bis 2013 den Bachelor- und Master-Studiengang Rehabilitationspsychologie in Stendal. Während seiner anschließenden Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten arbeitete er drei Jahre im Kreiskrankenhaus Prignitz. Seit April 2018 erfüllt er sich seinen Berufswunsch im Magdeburger Klinikum und pflegt nach wie vor einen engen Kontakt zur Hochschule.

Interview: Sebastian Berens und Katharina Remiorz

Die Fachrichtung Rehabilitationspsychologie ist sehr speziell. Was hat Sie motiviert, gerade das zu studieren?
Mein größter Wunsch war es immer, Psychologie zu studieren. Da ich wie viele meiner Kommilitoninnen und Kommilitonen aber nur die Fachhochschulreife besaß, war dies nur schwer möglich. Zu meiner großen Freude bildete die Hochschule Magdeburg-Stendal hier eine Ausnahme. Interessant fand ich zudem gerade im Bereich der Rehabilitation und klinischen Psychologie die Verzahnung von Theorie und Praxis. So ein Profil gab es bis dahin kaum in Deutschland. Tatsächlich bekam ich dann die erhoffte praxisnahe Ausbildung und konnte nach meinem Studium die Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten beginnen.

Welche Erinnerungen haben Sie an Ihr Studium in Stendal?
Ich blicke sehr wehmütig auf meine Studienzeit zurück, denn ich habe die Zeit dort sehr genossen. Besonders die familiäre Atmosphäre, das enge Verhältnis zu den Lehrenden, das gemeinsame Wachsen und das Miteinander sind mir in Erinnerung geblieben. Auch die kleine Stadt, die anfänglich für jemanden, der aus einer Großstadt kommt, doch eine Herausforderung war, hat im Laufe der Zeit ihren Zauber entwickelt.

Sie arbeiten seit Kurzem als Psychologe in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Klinikums Magdeburg. Ist die Arbeit so, wie Sie sie sich vorgestellt haben?
In meiner mittlerweile vierjährigen klinischen Tätigkeit als Psychologe im Rahmen meiner Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten haben sich rückwirkend betrachtet meine Vorstellungen und Erwartungen weitestgehend bestätigt. Die Arbeit als Psychologe in einer (psychiatrischen) Klinik erfordert eine immense Anpassungsfähigkeit und Flexibilität sowohl an die äußeren, sich ständig verändernden ökonomischen Rahmenbedingungen als auch an die innerseelischen Binnenwelten unserer Patienten. In der Regel begleiten wir unsere Patienten über einen begrenzten Zeitraum und versuchen in diesem das Bestmögliche im Sinne der psychischen Genesung zu erreichen. Dabei ist es nicht immer leicht, den ökonomischen Anforderungen auf der einen Seite und den eigenen (therapeutischen) Ansprüchen auf der anderen Seite gerecht zu werden.

Haben Sie durch Ihre Arbeit als Psychologe auch etwas über sich selbst lernen können?
Während meiner Arbeit als Psychologe habe ich vor allem gelernt, dass für die psychologische bzw. psychotherapeutische Arbeit mit Menschen es unabdingbar ist, sich seiner eigenen innerseelischen Binnenwelt (weitestgehend) bewusst zu sein und zu erkennen, inwiefern diese, in Form von eigenen Motiven, Wünschen und Ängsten, die therapeutische Arbeit mitbeeinflusst.

Was ist das Besondere an Ihrer Arbeit?
Es klingt vielleicht etwas klischeehaft, aber das Besondere ist die Arbeit mit Menschen. Sich mit Menschen auseinanderzusetzen, sich gemeinsam zu wundern und zu staunen, warum sie in gewissen Lebenssituationen eine Störung entwickelt haben. Dazu gehört in den sechs bis maximal zwölf Wochen der Behandlung vor allem die Biografiearbeit. In der therapeutischen Interaktion lernt man die Menschen, aber auch sich selbst als Psychologen immer wieder neu kennen.

Auf was in der Zukunft freuen Sie sich am meisten?
Zum einen auf den Erwerb der Approbation und den Abschluss der Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten, auch wenn die Ausbildung sehr langwierig und schwer ist und viel an persönlichen, finanziellen und zeitlichen Ressourcen verlangt. Zum anderen erhoffe ich mir für die Zukunft, dass mich auch dann noch all die Menschen begleiten, die es bisher getan haben. Zum Beispiel meine ehemalige Professorin Dr. habil. Gabriele Helga Franke, aber auch Melanie Jagla, eine Master-Absolventin der Rehabilitationspsychologie, die jetzt als Dozentin für den Bereich Psychodiagnostik und Gutachtenverfahren an der Hochschule tätig ist, sowie Kommilitoninnen und Kommilitonen.

Gibt es einen Moment aus Ihrem fünfjährigen Studium, an den Sie sich gern zurückerinnern?
Nachdem ich meine Master-Arbeit beendet hatte, bin ich mit meiner Professorin Gabriele Helga Franke, mit der ich heute noch sehr gut befreundet bin und die mich maßgeblich unterstützt hatte, ein Bier trinken gegangen. Das war als Abschluss des Studiums ein sehr schöner, menschlicher Moment.

Sie sind seit 2014 auch als externer Lehrbeauftragter zu den Themen Adipositas und Psychotherapie sowie zur Einführung in die operationalisierte psychodynamische Diagnostik an der Hochschule Magdeburg-Stendal tätig. Welche Tipps geben Sie Ihren Studierenden?
Meine Botschaft ist immer: Nehmt euch Zeit für das Studium, geht in den persönlichen und fachlichen Austausch und lest, denn gerade zum Lesen kommt man mit einer 40-Stunden-Woche nicht mehr so häufig.

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