Wenn es am CERN zu Störungen kommt

Der 30-jährige Bernhard Linseisen aus Mainburg berechnet die Heliumfreisetzung bei Störungen am LHC, dem leistungsstärksten Teilchenbeschleuniger der Welt. Foto: László Daróczy

Aus treffpunkt campus Nr. 78, 03/2014

Bernhard Linseisen lebt Sheldon Coopers großen Traum: An der Universität Magdeburg forscht er für das CERN, das weltgrößte Forschungszentrum auf dem Gebiet der Teilchenphysik. An der Hochschule studierte er den Bachelor- und Master-Studiengang Sicherheit und Gefahrenabwehr und beschäftigte sich bereits in seiner Abschlussarbeit mit Notfallmaßnahmen für Untergrundexperimente am CERN.

Interview: Katharina Remiorz

Warum haben Sie sich für diesen Studiengang entschieden?
Das war eine spontane Entscheidung. Nach meinem Abitur wollte ich meiner musikalischen Leidenschaft nachgehen und Klavierbauer werden. Zufällig habe ich dann aber erfahren, dass es an der Hochschule Magdeburg-Stendal einen neuen Studiengang namens Sicherheit und Gefahrenabwehr gibt. Die geplanten Studieninhalte lasen sich gut und klangen spannend, obwohl ich keinerlei Vorerfahrungen auf diesem Gebiet hatte, was im Nachhinein gesehen wahrscheinlich gar nicht so schlecht war. Gut einen Monat vor Studienbeginn habe ich mich beworben und das erfolgreich. Bis heute habe ich es nicht bedauert, dass ich doch nicht Klavierbauer geworden bin.

Welche Erfahrungen haben Sie während des Studiums sammeln können?
Das Studium war nicht das, was ich mir zuerst unter dem Titel Sicherheit und Gefahrenabwehr vorgestellt habe. Ich dachte, das sei ein guter Einstieg, um bei der Feuerwehr zu arbeiten, aber im Laufe des Studiums habe ich gemerkt, dass das Spektrum viel größer ist. Ich habe viele Fächer belegt und mich zum Beispiel mit Anlagenbau, Sicherheit von Kernanlagen und Satellitennavigation beschäftigt. Das waren echte Ingenieursdisziplinen. Während des Studiums wurde meine Denkweise in Richtung meiner jetzigen Arbeit gelenkt und die Fächer haben mich darauf gut vorbereitet. Gut gefiel mir auch, dass die Studierenden aus ganz Deutschland kamen und eine sehr hilfsbereite Atmosphäre herrschte. Und nicht zu vernachlässigen ist der grüne Campus, auf dem ich für viele Prüfungen gelernt habe.

Wie ging es für Sie nach dem Studium weiter?
Ich habe am CERN, der Europäischen Organisation für Kernforschung, eine Promotionsstelle im Rahmen eines Stipendienprogramms angenommen. Man muss dazu sagen, dass ich schon während meines Studiums dort im Rahmen eines sechsmonatigen Praktikums tätig war und auch meine Bachelor-Arbeit über Notfallmaßnahmen für Untergrundexperimente am CERN geschrieben hatte. Momentan arbeite ich an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg im Auftrag von CERN und berechne die Heliumfreisetzung bei Störungen am LHC, dem leistungsstärksten Teilchenbeschleuniger der Welt, mit dem man neue und bekannte Elementarteilchen untersucht. Die Ergebnisse meiner Simulationen sollen die Sicherheitsvorkehrungen am CERN verbessern. Am besten gefällt mir bei dieser Arbeit die Internationalität. Ich teile mir ein Büro mit einem Ungarn und einem Iraner. Der Lehrstuhlleiter ist Franzose. Am Institut gibt es außerdem noch Mitarbeiter aus Südamerika und Asien. Es ist also eine Forschung auf hohem Niveau mit vielen verschiedenen Kulturen.

Wer hat Sie während Ihres Studiums inspiriert?
Da gab es einige. Bezüglich der Internationalität war es wahrscheinlich Professor Ulrich Hauptmanns. Maßgebend für mein Sicherheitskonzeptdenken war Professor Michael Rost. Professor Dominique Thévenin hingegen hat mich in Hinblick auf Strömungsmechanik inspiriert und Professor Andreas Felgenhauer hat mir die Verwendung alternativer Softwaresysteme nahe gebracht. Im Grunde konnte ich von jedem etwas mitnehmen.

Was würden Sie Studierenden während des Studiums raten?
Sie sollten unbedingt über den Tellerrand hinaus schauen. Man sollte nicht nur Fächer belegen, die Pflicht sind, sondern sich auch darüber hinaus ausprobieren, vielleicht auch ein Praktikum im Ausland absolvieren. Das Praxissemester ist die beste Zeit dafür. Gut ist auch disziplinenübergreifend zu arbeiten, um andere Leute kennenzulernen. Und man sollte einen Ausgleich zum Studium finden. In meinem Fall war das die Musik.

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