„Angst(frei)“ – Eine Ausstellung in den ehemaligen JVA-Zellen und im öffentlichen Stadtraum

Projektbeschreibung

Anlässlich des angst(frei)-Festivals - einem Projekt des Theater der Altmark - wurde in einem Hochschulprojekt Bürgerinnen und Bürger aus der Altmark interviewt. In Gesprächen, viele deutlich über eine Stunde, erzählten junge wie alte Menschen von ihren Ängsten, schilderten Situationen, in den sie Angst erlebt haben, berichteten wie sie ihrer Angst begegnen, sich dieser stellen oder von ihr überwältigt werden. Oft sind es persönliche Ängste, vor allem vor Krankheit, Verlust und Bedrohung.

Die Interviews bildeten als Ton- und Videodokumente aufbereitet Teil der Ausstellung in der JVA Stendal. In einem Gebäudetrakt konnten während der Ausstellung Auszüge aus den Interviews gelesen und die Originalaufnahmen angehört werden. Diese persönlichen Dokumente, in denen Menschen "über ihre Angst sprechen" wurden flankiert von Interviews mit Experten, die sich über Formen und psychologische Funktionen von Angst äußerten. Fachliteratur zu Angst sowie die Auseinandersetzung der Studiengruppe selbst mit dem Thema gingen in das Ausstellungskonzept ein. Zudem wurden insgesamt 36 Portraitfotos - versehen mit einer prägnanten Aussage aus dem Interview - im gesamten Stadtraum ausgestellt. Das Projekt bewegte sich im Schnittfeld von qualitativer Forschung und Performative Sozialwissenschaft.

Veröffentlichungen:

  • Mey, Günter (2011). Angst - Intimes Bekenntnis im öffentlichen Raum. Chancen einer performativen Sozialwissenschaft. Theater der Zeit (Beilage), 12/2011, 29-32.
  • Wissenschaft und Kunst zusammengeführt - Interview mit Prof. Mey; Volksstimme 23.9.2011[mey1]

Projektleitung: Prof. Dr. Günter Mey

Studentische Projektassistentin: Julia Plato

Beteiligte Studierende des Projektes: Irina Dannert, Nicolas Eden, Josefine Förster, Sandy Fricke, Susann Garten, Kristin Groth, Maryna Habora, Franziska Hohlfeld, Claus Janko, Francie Just, Mira Kaszta, Theresia Lenschow, Katharina Lindner, Simon Reutlinger, Carolin Sonntag, Marie-Luise Thies, Julia Vorberg

Angst(frei) – Ein Rundgang in den ehemaligen JVA-Zellen und in der Stadt Stendal

Ausstellungsplakat
Annäherung der Projektteilnehmenden an das Thema Angst. Zu hören sind persönliche Auseinandersetzungen mit eigenen Ängsten und Auszüge aus den Seminarsitzungen...
Wissenschaftliche Lektüre zum Thema Angst und audio/visuelle Präsentation von Interviews mit drei Psychologie-Professoren der Hochschule
Zelle A: Interview ohne Ton - Angst als persönliche Angelegenheit
Zelle B: schriftliche Dokumentation aller Interviews
Freiluftausstellung
Freiluftausstellung
Freiluftausstellung
Freiluftausstellung

Wissenschaft und Kunst zusammengeführt – Interview mit Prof. Mey; Volksstimme 23.9.2011

Volksstimme: Was war Ihr Motiv, sich an dem Festival zu beteiligen?

Prof. Günter Mey: Durch die Kooperation mit dem TdA hatten wir die Möglichkeit, die Ergebnisse aus dem Projekt, das unter meiner Leitung mit 15 Studierenden der Rehabilitationspsychologie im Sommersemester stattfand, anders zu präsentieren. Es gibt innerhalb der Wissenschaft einen relativ neuen Ansatz, die Performative Sozialwissenschaft, bei der es darum geht, Wissenschaft und Kunst zusammenzuführen - mit dem Ziel, über die künstlerische Umsetzung einen neuen Zugang zu Forschungsthemen zu eröffnen. Uns war wichtig, die "Psychologie der Angst" greifbarer zu machen.

Volksstimme: Welche Beweggründe hatten die Studierenden, Menschen nach ihren Ängsten zu befragen?

Mey: Angst ist ein ganz wichtiges Gefühl. Das kennen wir alle. Für die Psychologie ist es ein zentrales Thema. Und es ist ein sehr persönliches Thema. Das zusammen weckt das Interesse. Die Fragen, die wir gestellt haben (nach Erfahrungen; Situationen, die Angst machen; wie über Angst geredet wird) sind für (angehende) Psychologen spannend.

Volksstimme: Es war sicher nicht einfach, die Menschen dazu zu bewegen, über ihre Ängste zu reden.

Mey: Es war notwendig, ausführlich über unser Anliegen zu informieren. Wir haben uns im Projekt darüber lange und oft ausgetauscht. Und wir haben uns sensibilisiert, indem wir uns über unsere eigenen Ängste ausgetauscht haben. Damit war allen Studierenden bewusst, wie schwer es sein kann, anderen von Ängsten zu erzählen.

Volksstimme: Kernaussagen der Interviews sind auf Großplakaten abgedruckt und in Stendal im öffentlichen Raum gezeigt worden. Wie kam es zu dieser Aktion?

Mey: Die Idee zu den Großformatfotos stand schon vor unserer Beteiligung fest; mit Ludger Lemper, dem Künstlerischen Leiter des Festivals, kamen wir überein, dass wir seitens der Hochschule über das Projekt einen Großteil der Interviews auch für diese Bilder-Aktion beisteuern könnten.Die Interviews selber waren dann ja das Kernstück unserer Präsentation in dem von uns, im Wesentlichen durch die Studierenden Simon Reutlinger und Mira Kaszta, gestalteten Trakt in der JVA.

Volksstimme: Was passiert nun mit den Interviews?

Mey: Die Interviews werden weiter bearbeitet, unter anderem in einer von mir betreuten Masterthesis, die Julia Plato anfertigt, die mich als Studentische Projektassistentin die ganze Zeit unterstützt hat.

Volksstimme: Gibt es darüber hinaus an der Hochschule eine weiterführende Beschäftigung mit dem Thema Angst beziehungsweise mit den Resultaten der Ausstellung?

Mey: Dadurch, dass ich eine Podiumsdiskussion im Rahmen des Angst(frei)-Festivals organisiert habe lassen sich fortgesetzte Diskussionen denken. Und wir werden weiter an solchen performativen Umsetzungen arbeiten, zum Thema Angst, aber auch zu anderen Fragen und Themenstellungen.

Das Interview führte Nora Knappe.

Kontakt

Entwicklungspsychologie
Prof. Dr. habil. Günter Mey

Tel.: (03931) 2187 3820
E-Mail: guenter.mey(at)h2.de

Besucheradresse: Osterburger Straße 25, Haus 3, Raum 0.20

Hintergrund Bild