ICAA Library – DATA Archer Tongue Collection

Die ICAA Library - DATA Archer Tongue Collection ist ein Gemeinschaftsprojekt zwischen dem International Council on Alcohol and Addictions und dem Deutschen Archiv für Temperenz- und Abstinenzliteratur. Beide Institutionen haben ihren Literaturbestand zusammen gefasst.

Ziel dieser Zusammenarbeit ist die Unterstützung und Förderung junger Menschen, die über Alkohol forschen wollen. Träger und Standort ist die Hochschule Magdeburg-Stendal.

Unsere Bibliothek ist keine öffentliche Bibliothek im klassischen Sinne. Wir verleihen keine Bücher, dafür sind die Bücher in einer Präsenzbibliothek verfügbar. Sie sind gedacht zur Hilfe und als Quellenmaterial zur Unterstützung einer Gruppe Nachwuchswissenschaftler. Gleichzeitig helfen wir Ihnen auch bei der Anlage von Diplomarbeiten, Referaten, Hausarbeiten oder Artikeln.

Kommen Sie einfach zu uns oder rufen Sie uns an!
Sie können dann bei uns arbeiten und unsere Infrastruktur nutzen. Wir helfen Ihnen auch bei der Recherche. Unser Katalog befindet sich noch im Aufbau.

Entwicklung

1999Die Hochschule Magdeburg-Stendal(FH) erhält eine umfangreiche Materialsammlung zum Thema Deutsche Mäßigkeitsbewegung
2000Gründung des Deutschen Archivs für Temperenz- und Abstinenzliteratur (DATA) in Trägerschaft: Hochschule Magdeburg-Stendal(FH) und An-Institut MISTEL
2001Das Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt übernimmt die Förderung von DATA
2003Gründung einer Gruppe Nachwuchswissenschaftler: Deutsche Mäßigkeitsbewegung
2004Der International Council on Alcohol and Addictions beschließt, seine Bibliothek an DATA zu übergeben
2005Überführung der ICAA-Library von Lausanne nach Magdeburg
2006Etablierung der ICAA-Library Archer Tongue Collection, Gründung der Gruppe Nachwuchswissenschaftler Europäische Alkoholkulturen
2008Feierliche Eröffnung und Einweihung der Spezialsammlung zu Alkohol und Drogen
2009Die ersten zwei Dissertationen, die mit Unterstützung der ICAA Library - DATA entstanden, wurden erfolgreich verteidigt.
2010Der Sammelband Karl Wassenberg/Sabine Schaller „Der Geist der Deutschen Mäßigkeitsbewegung - Debatten um Alkohol und Trinken in Vergangenheit und Gegenwart“ erscheint innerhalb der Magdeburger Reihe der Hochschule Magdeburg - Stendal im Mitteldeutschen Verlag.
2011Am 30. und 31. Mai fand wieder das von der Spezialbibliothek und dem Aninstitut MISTEL ausgerichtete Symposion Drogenforschung zum Bundesdrogenkongress des FDR in Berlin statt. Sechs Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen präsentierten jüngste Forschungsergebnisse zu Alkohol und Drogen. Mehr Informationen ...
2012Im Mai fand das Symposion Drogenforschung zum Bundesdrogenkongress in Bremen statt. Mehr Informationen
Die wiss. Mitarbeiterin und Leiterin der Einrichtung Dr. Sabine Schaller arbeitet u. a. zur vereinsbasierten Suchtprävention in der Stadt Magdeburg im ausgehenden 19. Jahrhundert und bis 1933. Für ihre Recherchen nutzt sie auch den historischen Teilbestand der ICAA -Library - DATA. Mehr Informationen
2013Im Mai fand wieder das Symposion Drogenforschung zum FDR-Kongress - dieses Mal in Dornach bei München statt. Mehr Informationen
2014

Das Symposion Drogenforschung zum FDR-Kongress fand dieses Mal in Köln statt. Mehr Informationen

Im Herbst 2014 erschien im Mitteldeutschen Verlag als neuer Band innerhalb der Hochschulschriftenreihe „Magdeburger Reihe“: Sabine Schaller: Blaukreuzmänner, Guttemplergeschwister und abstinente Frauen. Vereinsbasierte Alkoholprävention in Magdeburg vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis 1933. Eine Betrachtung aus der Geschlechterperspektive (264 Seiten). Mehr Informationen

2015

Im April fand das Symposion Drogenforschung zum FDR-Kongress in Hannover statt. Mehr Informationen

2016Im April fand das Symposion Drogenforschung mit drei Referenten und zwei Referentinnen zum FDR-Kongress in Werder/Havel nahe Potsdam statt. Mehr Informationen
2017Im Mai fand das Symposion Drogenforschung zum FDR-Kongress in Berlin statt. Mehr Informationen

Forschung

Möglichkeiten für Nachwuchswissenschaftler

Sie konzipieren eine Abschlussarbeit über Alkohol oder Drogen?

Sie suchen ein Forschungsprojekt an einer deutschen Hochschule? Sie wollen gerne über Alkohol arbeiten, möglichst auf geisteswissenschaftlichem oder medizinischem Gebiet? 

Wir stehen mit Wissenschaftlern verschiedener Fächer im Informationsaustausch, an dem wir Sie partizipieren lassen. Außerdem stellen wir Ihnen unsere Infrastruktur zur Verfügung.

Hier einige Themenvorschläge:

  • Biographieforschung und Alkoholismus
  • Geschichte des Alkohols
  • Europäische Alkoholkulturen
  • Zivilisationsprozesse und Alkohol
  • Trinkstile und regionale Identitäten
  • Jugendkulturen und Substanzmissbrauch
  • Geschlechterbezogene Aspekte von Konsum, Sucht, Prävention und Rehabilitation

Veranstaltungen

Symposium Drogenforschung

Es findet ein Mal im Jahr auf dem Bundesdrogenkongress des Fachverbandes Drogen und Rauschmittel statt und dauert zwei Tage. Eingeladen sind immer mehrere Fachwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler. Diese stellen ihre Forschungsarbeiten vor und diskutieren zusammen mit dem Auditorium über ihre Arbeiten und wichtige Forschungsfragen.

 

 

Archer Tongue

Archer Tongue
1919 - 2006

Archer Tongue war ein Mann mit ausgeprägtem Familiensinn. Es gab seine unmittelbare Familie – seine Frau und sechs Töchter, jedoch gab es aber auch noch eine andere, viel größere Familie. Sie bestand aus Wissenschaftlern, Lehrenden an akademischen Einrichtungen, Forschern, Krankenhausärzten, Therapeuten, Regierungsangehörigen, Beamten in verschiedenen Ländern und Freiwilligen aus aller Welt. Es waren Teilnehmer der Kongresse des ICAA und Mitarbeiter von ICAA-Einrichtungen. Sie alle engagierten sich in der nie endenden Debatte über die Verbindung von Alkohol und Gesellschaft. Archer Tongue brachte diese beiden Familien zusammen. Diejenigen, die das Glück hatten, in die Lausanner Villa eingeladen zu werden, welche zugleich sein Wohnhaus und Büro war, konnten während eines gemeinsamen Essens mehrere Gespräche in verschiedenen Sprachen gleichzeitig verfolgen: Ein Biochemiker aus Chile sprach über die Bedeutung der Genetik, ein schwedischer Soziologe über die Geschichte der skandinavischen Temperenzbewegung und Archer Tongues Töchter über ihre Hausaufgaben. Es fiel nicht schwer, sich wohl zu fühlen mit einer der größten Alkohol-Bibliothek weltweit und inmitten einer herzlichen Gastfreundschaft, die sich ganz unkompliziert auch in einer Übernachtungsmöglichkeit im Hauseder Tongues äußern konnte. Auch war Archer Tongue nicht nur der Kopf der Tafel, sondern auch „Vater“ jeder Gesprächsrunde.

Gleichermaßen konnte man Archer Tongue bei jeder ICAA-Konferenz von vielen Leuten umgeben in der Lobby finden. Einige der Diskussionsthemen mögen durchaus mit der Organisation der Veranstaltung zu tun gehabt haben, doch die meisten drehten sich wohl um wichtige Fragen zu Wissenschaft und Politik um Alkohol, und es waren durchaus verschiedene, manchmal auch unvereinbare Standpunkte vertreten. Eva Tongue nahm ebenfalls an diesen Konferenzen teil – sie und ihre Töchter hatten keinen geringen Anteil daran, dass die Konferenzen zu Stande kamen. Archer hörte zu, machte Vorschläge und sprach das nächste Problem an. Wenn seine zwei „Familien“ erst einmal zusammen gekommen waren, war er in seinem Element. 
Archer Tongue wurde im Oktober 1919 in Großbritannien in Birmingham geboren. Die „University of London“ beendete er mit einem BA in Geschichte und begann in seinem Fach zu arbeiten. Recht bald wurde er Geschäftsführer der “Friends of Temperance Union”. Seine ersten Erfahrungen in Kongressorganisation sammelte er für den Weltkongress der “Friends of Temperance Union” 1952 in Oxford. Von dort ging es umgehend nach Paris, wo der 24. Internationale Alkoholismus-Kongress stattfand und von hier direkt an seine Arbeit in Lausanne. Er organisierte in den Folgejahren etliche internationale Konferenzen zu Alkohol und Alkoholismus weltweit. 
Der ICAA wurde 1907 in Stockholm gegründet und es ist leider traurige Ironie, dass Archer Tongue ein Jahr vor der Hundertjahrfeier der Organisation starb, die unter seiner Leitung eine solche Bedeutung gewonnen hatte.

Durch seine frühen Kontakte zu E. M. Jellinek, der in den 1950er Jahren für die WHO arbeitete, blieb Archer Tongue eine Quelle des Wissens und der Erfahrungen, bei welcher sich internationale Organisationen immer wieder einmal Rat holten. Seine Verbindung zur WHO, einschließlich Beratertätigkeit und Expertengruppenarbeit sind besonders zu erwähnen, auch etablierte er wichtige Verbindungen mit der ILO und UN-Drogen-Kontrollgremien in Wien.

Es gibt wenige Leute, die auf internationalem Parkett zu Alkoholfragen arbeiten und keinen Grund haben, sich an Archer Tongue mit Bewunderung und in Dankbarkeit zu erinnern. Die unter seiner Leitung organisierten ICAA-Konferenzen waren über Jahre hinweg die lebendigsten Treffen für Alkoholforscher und andere Fachleute. Sie waren durchaus nicht durchgängig von höchstem wissenschaftlichen Niveau. Aber es war eines von Archers Prinzipien, alle einzubeziehen und denen, die etwas Interessantes mitzuteilen hatten, eine Gelegenheit dazu zu geben, unabhängig davon, ob die jeweilige Herangehensweise der beste Weg war und unabhängig davon, ob es politisch zweckdienlich war. In echter Quäker-Manier lehnte Archer jede Art von Fundamentalismus ab.

Sein ICAA war – wie jede gute Familie – ein Ort, wo man seine Gedanken aussprechen konnte ohne Angst, abgelehnt zu werden. Das bedeutete keinesfalls, dass ihm Klarheit und Eindeutigkeit fehlten – nein, ganz und gar nicht. Aus einem Gespräch mit Archer Tongue ging man jedes Mal beeindruckt von seinem Wissen und der Breite seiner Erfahrungen. Er wollte einfach nicht über Menschen oder Ideen ein Urteil fällen. Wie jeder gute Diplomat machte er Vorschläge und lenkte Diskussionen in eine Richtung, die er als am produktivsten ansah, nie wollte er jemanden aus der großen Diskussion der Problematik ausgeschlossen sehen. Wenn es darum ging, die internationale Alkoholpolitik durch vielfältige Meinungen und Erfahrungen voran zu bringen, begriff Archer die kollektive Verantwortung für jenen Prozess.

Es ist Archer Tongues große Toleranz, an die man sich erinnern wird. Auf einem konfliktreichen Feld war er immer eine Stimme der Vernunft und eine Stimme der Leidenschaft. Archer begrüßte die unterschiedlichen Sichten seiner vielen, vielen Familienmitglieder – der in seinem Herzen und in aller Welt.

(Übersetzt nach Marcus Grant)

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