Qualitatives Interview: Sterbebegleitung

 Projektmitarbeiterinnen: Lina Schneider & Alina Woitynek

Idee & Forschungsfrage

Nachdem wir zunächst einmal eine Liste an Ideen gesammelt hatten, welche Persönlichkeiten für uns von besonderem Interesse sein könnten, grenzte sich unser Suchfeld schlussendlich auf die Menschen ein, die einer ehrenamtlichen Tätigkeit nachgehen beziehungsweise eine besondere Arbeit für das Wohl anderer Menschen leisten.
Dazu zählte auch die Begleitung von Menschen, die bald sterben würden. Für uns war es insofern interessant, die ehrenamtliche Sterbebegleiterin zu interviewen, da wir uns über die Motivation, die hinter diesem Ehrenamt steckt, kein Bild machen konnten.
Es gab auch in unserem Umfeld keine andere Person, die uns Näheres darüber erzählen konnte, warum man freiwillig andere Menschen beim Sterben begleitet. Kurzum: Für uns war es schon eine Art Tabuthema beziehungsweise wussten wir, dass es in der Gesellschaft zu einem gemacht wird. Deshalb reizte uns auch die Tatsache, uns selbst mit einem Thema zu konfrontieren, von dem wir wissen, dass es die Auseinandersetzung lohnt, aber zu der wir uns bisher selbst noch nicht gezwungen hatten.
Definitiv konnten wir somit eine Person interviewen, deren besondere Art uns Aufschluss über die Motivation für diese besondere Tätigkeit gegeben hat.

Durchführung

Als Treffpunkt vereinbarten wir mit der ehrenamtlichen Sterbebegleiterin eine Bäckerei. Nachdem wir bestellt hatten, erläuterten wir ihr die Einverständniserklärung und ließen sie sie unterschreiben.
Um eine lockere Atmosphäre zu schaffen, fragten wir sie vor Beginn der Aufzeichnung, ob sie noch etwas über uns wissen wolle. Wir erzählten ihr, weshalb wir sie als Interviewpartnerin ausgesucht hatten, und begannen dann mit der Erzählaufforderung. Das Interview ging insgesamt 60 Minuten.
Wir stellten der Interviewpartnerin im Verlauf des Interviews mehrere Fragen, die sie umfangreich beantwortete. Die Situation glich jedoch nicht einem bloßen Abfragen, sondern es war eher eine lebendige, natürliche Unterhaltung, in der klar war, dass wir mehr über sie wissen wollen. Als das Interview vorbei war, bedankten wir uns bei ihr mit einem Pralinenkasten und verabschiedeten uns herzlich.

Eindrücke, Einsichten, Ergebnisse

Das Interview war für uns beide eine besondere und schöne Erfahrung. Unser erster Gedanke war: „Das werde ich so schnell nicht vergessen.“ Gefolgt von: „Darüber muss ich noch einmal nachdenken.“
Man kann schon davon sprechen, dass wir etwas überwältigt waren. Überwältigt im Sinne von: „Wow! Was für eine besondere und interessante Persönlichkeit und was für ein wertvolles und schönes Gespräch.“ Das Interview war für uns genau deshalb eine schöne Erfahrung, weil sie tatsächlich eine sehr besondere Person war, die wir interviewen durften. Nicht nur in Bezug auf ihre Tätigkeit, sondern auch auf ihre Einstellung hat sie uns das Gefühl gegeben, etwas sehr Wichtiges gelernt zu haben.
Unser Ziel war es dann natürlich, dieses Bild, das sie uns vermittelt hat, an unsere Kommilitoninnen weiterzugeben: Dass das Sterben kein Tabuthema sein muss und dass die ehrenamtliche Sterbebegleitung nicht nur in eine Richtung hilft, sondern ich als Sterbebegleitung auch Wertvolles von anderen Menschen bekommen kann.
Da es unser erstes Interview war und es in der Durchführung sehr gut verlief, hat es uns einen positiven Eindruck für das Führen von Interviews gegeben.

Auszug Interviewtext

Aber ganz besonders ist es eben wirklich, dass es regulativ wirkt für mich und meine eigenen Probleme. Das heißt nicht, dass ich jeden Tag fröhlich aufstehe. Da habe ich auch ein ganz simples Beispiel: Am Montag, ich hatte irgendwie schlecht geschlafen das ganze Wochenende und Montagfrüh um halb sechs klingelt der Wecker. Da habe ich mich halt hochgequält, und als ich unter der Dusche stand, dachte ich an meine aktuelle Begleitung, der sich jetzt wahrscheinlich gerade fertig macht, um abgeholt zu werden und ins Hospiz zu fahren.
Der würde wahrscheinlich so gerne jeden Tag zur Arbeit gehen. Der würde gerne diese Alltagsstruktur haben, die ich habe. […] Das heißt natürlich nicht, dass wir unsere ganzen Sorgen und Probleme klein reden sollen. Manches ist auch, ohne dass es lebensbedrohlich oder lebensverkürzend ist, einfach schwer. Aber trotzdem, es gleicht es aus.

Kommentar

Vor dem Interview haben wir die Forschungsfrage „Was motiviert einen Menschen, neben dem eigenen Beruf und alltäglichen Pflichten, ehrenamtlich die Bewohner eins Hospizes zu betreuen?“ formuliert.
Dieser Textauszug beantwortet ziemlich treffend unsere Forschungsfrage, denn die Interviewpartnerin nimmt aus ihren Begleitungen viel für sich selbst und ihren eigenen Alltag mit.
Der wichtigste Punkt, auf den sie mehrmals eingegangen ist, war die Tatsache, dass es ihr hilft, ihre eigenen Probleme sinnvoll einschätzen zu können. Sie hat gelernt, dass nicht jedes augenscheinliche Problem auch wirklich ein richtiges Problem ist, sondern oftmals dramatisiert wird.

Reflexion

Das Interview lief so, wie wir es uns gewünscht haben. Unsere Forschungsfrage konnte in einem sehr natürlichen Gespräch in ausreichendem Maße beantwortet werden.
Die Atmosphäre war locker und die Interviewpartnerin hat uns gezeigt, dass sie sich wohl fühlt und gerne erzählt. Unser Ziel, einen breiteren Blick für das Thema Sterben und Sterbebegleitung zu bekommen und etwas für die Zukunft mitnehmen zu können, ist uns durch das Interview gelungen.
Das Thema war ein sehr bewegendes und emotionales, aber es hat uns nicht betroffen gemacht. Stattdessen sind wir positiv und mit dem Gefühl, etwas Wertvolles gelernt zu haben, aus dem Gespräch gegangen. Wir wussten, das würden wir so schnell nicht vergessen. Darüber freuen wir uns und sind dankbar für diese Begegnung.

 

 

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